Dieser Artikel erschien ursprünglich am 27. 08. 2012 bei globe-m
Die Grenzen zwischen Kunst und Mode in Frage zu stellen, und über Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider zu reflektieren, ist Ziel der Ausstellung „Reflecting Fashion“ im Wiener mumok (Museum moderener Kunst Stiftung Ludwig Wien).
Künstler und Designer von Weltrang sind in den Hallen des mumok versammelt. Das Gebäude aus Basaltlava und Gusseisen erinnert architektonisch ein wenig an ein antiquiertes Bügeleisen ‑ der Bezug zur Mode ist also gegeben.
Kunst oder Nicht-kunst, ist das hier die Frage?
Tatsächlich verwischen die Kategorien ob der dort verammelten Werke: was macht Erwin Wurms „Construct“, einen grauen, kastenförmigen Anzug, zu einem Kunstwerk, während Schiaparellis Zusammenarbeit mit Salvador Dali, das sogenannte „Lobsterkleid“, als Kleidung wahrgenommen wird? Wurms Werk, so könnte man argumentieren, ist nicht am Menschen orientiert in dem Sinne, dass es tragbar wäre. Es fehlt ihm der Halsausschnitt, stattdessen ist es nach oben etwa um eine Kopfeslänge verlängert. Doch wenn Tragbarkeit ein Kriterium wäre, wo würde dann Joseph Beuys „Filzanzug“ in diese Logik fallen? Die Postmoderne stellt all diese einst fixen Kategorien schon seit mehreren Jahrzehnten in Frage. Doch diffus scheint, wo der schmale Grat zwischen Kunst und Nicht-kunst verläuft.
Konsumkritik oder Massenware?
Was unterscheidet beispielsweise das Krokodil auf einem Polohemd oder das großflächig aufgedruckte Designerlogo von jenen Sponsoren auf einem Formel-1 Rennanzug? Und was wiederum macht Silvie Fleurys „Formula 1 Dress“, der in einer Auflage von 100 Stück hergestellt wurde, zu einer Kritik an eben jenem Branding-Wahnsinn der heutigen Konsumgesellschaft? Ist das nun schon Massenproduktion oder noch limitierte Auflage? Und hat dieses Kunstwerk, wenn hundertfach (re-)produziert noch die Aura eines Originals?
Bedeutungsträger Kleidung
Auch ein Werk von Christo, dem Meister der Verhüllung, findet sich unter den Ausstellungsstücken dieser Sammlung. Sein „Wedding Dress“, das er zusammen mit Jeanne-Claude 1967 schuf, ist ein weiteres Stück dieser prekären Zwischenwelt zwischen Kleidung und Kunst. Das Werk zeigt ein Model, fest eingeschnürt in Seile, das schweren Ballast hinter sich her zieht. Die Implikationen, die der Titel dem Werk verleiht, gewinnt durch die kulturelle Bedeutung des zeremoniellen Kleidungsstücks an Wert.
Zur Reflektion regt diese ausgezeichnet kuratierte Ausstellung wahrlich an. Ob Modemuffel oder Fashionvictim, „Reflecting Fashion. Kunst und Mode seit der Moderne“ dürfte jedem Besucher Denkanstöße geben, sein bisheriges Weltbild zu hinterfragen.
Weitere Informationen
Der ausführliche Audio-Guide, der die Ausstellung begleitet, ist übrigens sehr empfehlenswert.
„Reflecting Fashion“ ist noch bis zum 23.09.2012 im mumok zu sehen.
MuseumsQuartier
Museumsplatz 1
A-1070 Wien
Öffnungszeiten:
Mo 14 -19 Uhr,
Di bis So 10–19 Uhr
Do 10–21 Uhr
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